Wie wirken sich die Bewusstseinsebenen auf uns aus?
In jeder Bewusstseinsebene nehmen wir das Leben, andere oder uns selbst anders wahr. Womit jede Bewusstseinsebene eigene Impulse in uns hervorruft. So lange wir nicht bewusst sind, reagieren wir auf die Psyche und damit automatisch auf die jeweiligen Impulse.

Leseprobe aus: Das Buch des bewusst seins, Seite 9 - 11


Eine erste Annäherung an Bewusstseinsebenen

Jede Bewusstseinsebene beschreibt eine bestimmte psychische Qualität. Ändert sich die Bewusstseinsebene, verändert sich auch die Art und Weise, wie wir uns selbst und die Welt wahrnehmen. Die jeweilige Bewusstseinsebene lässt sich nicht durch äußere Anzeichen erkennen. Doch über das Erkennen von inneren Prozessen, also der psychischen Situation, können wir dem eigenen bewusst sein nahekommen.

Äußere Bedingungen, Gedanken oder Gefühle weisen nicht automatisch auf eine bestimmte Bewusstseinsebene hin. Betrachten wir dies an einem konkreten Beispiel, dem Ärger. Wir können nicht sagen, dass Ärger Ausdruck eines niederen bewusst seins ist. Der Ärger selbst hat kein bewusst sein. Ärger ist ein emotionaler Zustand, der sich seiner selbst nicht bewusst ist. Die spannende Frage lautet also: Wie bewusst sind wir, wenn der Ärger auf uns trifft? Sehen wir uns einmal genauer an, wie sich der Ärger auf den einzelnen Bewusstseinsebenen auswirkt:

  • Im Unbewussten agieren wir den Ärger aus. Dabei ist uns nicht einmal bewusst, was in uns vorgeht. Der Ärger vereinnahmt und beherrscht uns völlig. Weil sich der Ärger unangenehm anfühlt, versuchen wir, ihn möglichst rasch wieder loszuwerden. Wir reagieren mit Zerstörungsimpulsen, die wir an Objekten, an anderen oder an uns selbst ausagieren.
  • Auf der nächsten Ebene ruft der Ärger bereits vorhandene Reaktionsmuster ab. Es ist so, als würde der Ärger einen Knopf in uns drücken und wir unser dazugehörendes „Ärger-Programm“ abspulen. In unserer Kindheit haben wir eine gewisse Reaktionsweise auf den Ärger erlernt. Dieses Programm läuft nun ab, egal ob es angebracht ist oder nicht. Ist es einmal aktiviert, wird es bis zum Ende durchlaufen. Während es läuft, reagieren wir automatisch und sind uns nicht bewusst, was gerade vor sich geht.
  • In den niederen Bewusstseinsebenen erkennen wir bereits, dass wir verärgert sind. Wir identifizieren uns aber mit dem Gefühl. Der Ärger wird zu unserem Ärger. Zudem wird der Ärger bewertet. Erst auf dieser Ebene erfolgt die Bewertung. Vorher wird der Ärger unmittelbar ausagiert und nicht darüber nachgedacht, ob das nun gut oder schlecht sein könnte. Nunmehr hängt unsere Reaktion davon ab, wie die persönliche Bewertung ausfällt. Wird der Ärger positiv bewertet, steht er beispielsweise für Stärke oder Abgrenzungsfähigkeit, werden wir den Ärger ausdrücken. Bewerten wir den Ärger negativ und halten wir den Ärger beispielsweise für ein Anzeichen dafür, dass wir schlechte Menschen sind, uns nicht im Griff haben oder nicht weit genug entwickelt sind, werden wir den Ärger unterdrücken. Nicht der Ärger selbst, sondern wie wir ihn bewerten, bestimmt unsere Reaktion.
  • Auf der mittleren Bewusstseinsebene kommt es zu keinem äußeren Ausdruck des Ärgers mehr. Ab dieser Ebene reagieren wir anders auf unsere Gefühle. Während der Ärger auf den vorherigen Ebenen persönlich genommen wurde, wird er hier nicht mehr persönlich wahrgenommen. Es ist nicht „mein Gefühl“, sondern nur „ein Gefühl“, das auftaucht. Wenn wir uns nicht mehr mit dem Gefühl identifizieren, müssen wir auch nicht darauf reagieren. Wir können das Gefühl beobachten. Über das Beobachten wird eine Distanz zum Ärger geschaffen, womit es einfach ist, das Vorhandensein von Ärger zu akzeptieren. Der Ärger ist ein Teil des Menschseins, er gehört dazu. Warum sollten wir gegen ihn ankämpfen? Es besteht keine Notwendigkeit mehr, den Ärger nach außen oder innen abzureagieren. Auf dieser Ebene werden wir nicht mehr von Gefühlen gesteuert.
  • Auf der hohen Bewusstseinsebene erleben wir den Ärger das erste Mal hautnah und bewusst. Wir stehen mitten im Ärger und erfahren den Ärger. Doch wir reagieren nicht mehr auf die Psyche. Wir lassen uns nicht mehr von den psychischen Impulsen ablenken, sondern bleiben beim Ärger. Wir nehmen ihn wahr und spüren ihn. Wird der Ärger bewusst, löst er sich auf.
  • Sogar im leeren bewusst sein kann noch ein Gefühl des Ärgers aufblitzen, es verliert sich aber in der inneren Leere.

Der Ärger begegnet uns auf einer neutralen Ebene, er transportiert nichts. Wir sind es, die dem Ärger etwas hinzufügen und zwar unseren aktuellen Grad des bewusst seins. Nicht der Ärger verändert uns, sondern unser Bewusstseinsgrad verändert den Ärger. Die Frage nach dem jeweiligen bewusst sein kann daher nicht mit einem konkreten Inhalt beantwortet werden, denn der Inhalt selbst trägt kein bewusst sein in sich. Der Mensch ist der Bewusstseinsträger. Es geht also um das gegenwärtige bewusst sein des jeweiligen Menschen, der auf einen Inhalt trifft. Dieses ominöse eine, wahre Bewusstsein, welches es einmal zu erlangen gilt und das dann für immer bleibt, existiert folglich nicht.

Weitere Details finden Sie im Buch des bewusst seins.
©  Mag. Brigitte Fuchs